Informationen zu Ängsten und Angststörungen:
Generalisierte Angst

Barbara Meier

 

 

  Was ist eine Generalisierte Angststörung (GAS)? Start
 

Chronisch anhaltende Ängste und ängstlich-unruhige Besorgtheit über verschiedene Bereiche des alltäglichen Lebens sind die Hauptmerkmal einer Generalisierten Angststörung. Bis vor einigen Jahren wurde Generalisierte Angst häufig nicht als ‚richtige’ Angststörung wahrgenommen. Das hat sicher mit ihrem Erscheinungsbild zu tun. Die Angstreaktionen bei einer GAS fallen weniger intensiv ausgeprägt auf, im Vergleich etwa zu einer Panikattacke. Auch handelt es sich bei einer GAS nicht um eine Phobie in einem engeren Sinne, d.h. es sind keine ganz bestimmten Gegebenheiten, Situationen oder Objekte, die dann unmittelbar Ängste auslösen, die Angst erscheint vielmehr ‚frei flottierend’ oder eben ‚generalisiert’.
Besorgtheit und sich sorgen sind zentral bei einer Generalisierten Angststörung. Die Inhalte der Sorgen an sich erscheinen nicht völlig unrealistisch oder unangemessen: Wer sorgt sich nicht immer wieder um das Wohl der Liebsten, finanzielle Fragen der Zukunft, berufliche Entwicklungen, Gesundheit und Aspekte von Sicherheit? Problematisch bei einer GAS ist, wie sich die Sorgen zeigen, nämlich als ängstliche Erwartung von Katastrophen-, und wie viel Platz die Sorgen einnehmen: Sie breiten sich aus, erscheinen als nicht mehr kontrollierbar und Betroffene kommen gar nicht mehr zur Ruhe. Nervosität, leichte Ermüdbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit, Muskelanspannung und Schlafschwierigkeiten sind in der Folge typische Symptome einer GAS, die Wohlbefinden und Lebensqualität stark beeinträchtigen.


Panik und Agoraphobie

spezifische Phobien

Soziale Angststörung

Angst vor Krankheit

Generalisierte Angst

    Einige Fakten zur Generalisierten Angststörung  

Die Generalisierte Angststörung ist nach neuesten Befunden eine häufige Erkrankung, rund 5% aller Menschen sind im Verlaufe ihres Lebens davon betroffen, Frauen und Männer zu etwa gleichen Teilen. Anders als bei anderen Ängsten liegt der Beginn der Störung nicht selten erst im mittleren und höheren Alter. Gesamthaft gesehen ist die GAS wohl die Angststörung, die bei älteren Menschen am häufigsten vorkommt.

 

Wie entwickeln sich generalisierte Angststörungen?

Eine Generalisierte Angststörung entwickelt sich aus dem Zusammenspiel von Person und Lebensveränderungen: Belastende und mit Stress verbundene Lebensumstände oder besorgniserregende Ereignisse in der Umgebung (Arbeitsplatzverluste, Unfälle, Krankheiten u.ä.) können bei Menschen, die bereits allgemein ängstlich sind, eine Entwicklung anbahnen, die zu starker Besorgnis und ausgeprägten Ängsten führt. Unter bestimmten Bedingungen klingt diese Angst auch nicht einfach wieder ab, sondern bleibt fortbestehen und nimmt immer mehr Raum ein, sie generalisiert.

Ein erster zentraler Motor für das Anhalten der Symptome von Ruhelosigkeit und ängstlicher Anspannung sind die Sorgen und ihre typische Form ängstlicher Erwartungen. Weshalb haben Sorgen auch nach vielen Stunden immer noch ihren Effekt auf die Betroffenen? Eigentlich müsste man sich doch nach einiger Zeit an die Sorgeninhalte wie an andere Reize gewöhnen, und die Anspannung müsste dann kleiner werden, so wie es doch bei Angst ganz allgemein verläuft! Dies geschieht bei der GAS deshalb nicht, weil die Sorgen ein Angst besetztes Thema sozusagen nur kurz antippen. Bevor die Betroffenen sich damit ganz konkret auseinandersetzen könnten (und vielleicht dann auch realisieren würden, dass es gar nicht so viel Anlass zur Beunruhigung gibt im Augenblick), springt die Sorge zur nächsten besorgten Frage, und zur nächsten, und zur nächsten. Es ergeben sich so ganze Sorgenketten, deren einzelne Glieder nie genau geprüft werden können, nie wirklich zu Ende gedacht werden können. Was bleibt, ist ein überdauernder Eindruck („das wäre furchtbar“) und starke gefühlte Ängstlichkeit und Nervosität. Sorgenketten sind somit eine Form von Vermeidung, weil sozusagen ‚dem Drachen nicht wirklich ins Auge geschaut’ werden kann.

Ein zweiter Motor der Angst sind problematische Versuche, die Sorgen einzudämmen. Typischerweise kommen dabei verschiedene Strategien zum Einsatz, die alle kurzfristig helfen, längerfristig aber die Sorgen weiter am Leben halten: So ist z.B. Ablenkung keine gute Strategie, wenn ich dadurch dauernd weiterhin dran denken muss, weshalb ich mich ablenke; Sorgen bezogene Themen vermeiden wie Tagesschau u.ä. hat auch oft den Effekt, dass ich mir in Gedanken noch mehr Sorgen mache; andere zu bewegen, mich zu beruhigen, hält auch nicht lange an und schliesslich, was gar nicht geht ist, Gedanken bewusst unterdrücken zu wollen („Denke ja nicht an einen hellblauen Elefanten!“ Probieren Sie es aus, es geht nicht, man kann nicht bewusst an etwas nicht denken. Es klappt nicht bei Gedanken, die nicht bedrohlich, vielleicht sogar belustigend sind, wie unser hellblauer Elefant; und es funktioniert noch viel weniger bei Gedanken, die einen ängstigen.)


Wie kann eine Generalisierte Angststörung behandelt werden?

Die psychotherapeutische Behandlung der Generalisierten Angst setzt sowohl bei der Vermeidung als auch bei den problematischen Kontrollversuchen an. In der Therapie werden Sorgenketten aufzubrechen versucht, und an deren Stelle tritt dann die ausführliche Konfrontation und Auseinandersetzung mit einzelnen Sorgeninhalten (Sorgen zu Ende denken). PatientInnen lernen zudem, problematische Kontrollversuche zu unterbinden und durch hilfreichere, angemessenere Strategien im Umgang mit Lebens- und Zukunftsfragen zu ersetzen.

Leiden Betroffene vor allem unter den körperlichen Anspannungszeichen, dann kann es auch Sinn machen, Entspannung zu lernen und immer dann anzuwenden, wenn die Symptome auftreten. Doch wichtig: Ziel bei der Behandlung der GAS darf nicht sein, Angstzeichen kurzfristig zu beruhigen! Ziel ist vielmehr, sich den Angst auslösenden Sorgen zu stellen und ihnen tapfer und zuversichtlich die Stirn zu bieten. 

 

 
©B. Meier Zürich 2006 / 2018