Informationen zu Ängsten und Angststörungen:
spezifische Phobien

Barbara Meier

 

 

  Was sind spezifische Phobien? Start
 

Viele Menschen erfahren Unbehagen oder Anspannung in bestimmten Situationen oder reagieren mit Angst oder auch Ekel auf bestimmte Objekte. Von einer Phobie spricht man dann, wenn Situationen und Objekte intensive Angst hervorrufen, und spezifische Phobie meint die Furcht vor ganz bestimmen (spezifischen) Situationen und Objekten. Bei Konfrontationen mit den gefürchteten Situationen und Objekten zeigt sich eine massiv ausgeprägte Angstreaktion, ähnlich wie bei einer Panikattacke. Die Angst tritt praktisch immer auf, phobische Furcht ist wenig abhängig von allgemeinem Tagesbefinden, sondern nur von der Nähe zu den phobischen Objekten. Ausserhalb der gefürchteten Situationen ist die Angst kaum präsent. Phobien sind für die Betroffenen oft nicht mit grossen Einschränkungen verbunden, weil die gefürchteten Situationen und Objekte nicht unbedingt alltagsrelevant sind. Als Angststörung gilt eine spezifische Phobie dann, wenn sie die Menschen beeinträchtigt und belastet.

Die spezifischen Phobien werden gemäss ihren Inhalten in verschiedene Typen gruppiert:
Tierphobien (intensive Angst vor Spinnen, Würmern, Schlangen, Ratten, Vögel u.a.).
Phobien, die auf Blut, Verletzungen und Spritzen bezogen sind (der Anblick von Blut, medizinische Eingriffe u.ä. sind mit intensiver Furcht verbunden).
Auf Situationen bezogene Phobien
(Eingeschlossensein, Fahrstühle, Tunnel, Flugangst u.ä. führen zu Angst) und der sog.
Umwelt-Typus von Phobien (z.B. die Angst vor Stürmen, Gewittern, Höhen, Wasser, Dunkelheit).

 

Panik und Agoraphobie

spezifische Phobien

Soziale Angststörung

Angst vor Krankheit

Generalisierte Angst

    Einige Fakten zur spezifischen Phobie  

Im Verlaufe ihres Lebens leiden etwa 6-15% der Menschen unter einer spezifischen Phobie. Dabei sind die Phobien vom Umwelt- und situativen Typus etwas häufiger als die anderen Klassen. Frauen sind insgesamt häufiger von spezifischen Phobien betroffen.
Interessanterweise unterliegen die Gegenstände der phobischen Furcht in der Regel nicht dem Zeitgeist, sondern die gefürchteten Situationen und Objekte greifen Aspekte auf, die weit in die Entwicklung der Menschheit zurückgreifen und Grundgefahren für das Überleben und Wohlbefinden thematisieren.

Spezifische Phobien präsentieren sich bei etwa 1 von 5 PatientInnen als einzige Störung. Sehr häufig leiden Betroffene an einer weiteren psychischen Krankheit. Es sind vor allem andere Angststörungen, die gehäuft gemeinsam mit der spezifischen Phobie (Komorbidität) auftreten: soziale Phobie, Agoraphobie, Panikstörung und generalisierte Angststörung. 

 

Wie entstehen spezifische Phobien?

Phobien zeigen sich in der Regel bereits im Kindes- und Jugendalter. Als Auslöser können manche Betroffene über negative Erfahrungen oder traumatische Erlebnisse berichten (z.B. von einem Hund gebissen zu werden). Andere wiederum erinnern sich, Zeuge einer Gefahrensituation gewesen zu sein. Manchmal legen auch Informationen über die ‚Gefährlichkeit’ bestimmter Situationen den Grundstein für phobisches Verhalten, sei es als Berichte, sei es als beobachtes ängstlich-vermeidendes Verhalten von Modellen wie z.B. die Eltern. Wie bei den anderen Angststörungen auch muss man davon ausgehen, dass eine Phobie erst durch das Zusammentreffen von ‚Auslösern’ und bestimmten Anfälligkeiten (wie etwa ein zurückhaltendes-ängstliches Temperament, eine biologisch-genetische Verletzlichkeit) entstehen kann.
Im weiteren Verlauf der Angstentwicklung wird die Phobie durch Vermeidung der phobischen Situationen und Objekte aufrecht erhalten. Da Phobien Lebensqualität und Lebensgestaltung vergleichsweise selten augenfällig und zentral einschränken, besteht oft wenig direkter Handlungsdruck, etwas zu verändern und die Angst zu bearbeiten. Möglicherweise wird die Vermeidung auch zusätzlich unterstützt,  weil viele Menschen die Abneigung teilen und Verständnis zeigen – und evtl. bei den Vermeidungsmanövern bereitwillig mithelfen!

 

Wie können spezifische Phobien behandelt werden?

Die Leitlinie bei der Behandlung spezifischer Phobien ist eine systematische Konfrontation (Exposition) mit den gefürchteten Situationen oder Objekten. Nur durch direktes Erleben am eigenen Leib können Betroffene umlernen und erfahren, dass die Situation für sie ungefährlich ist, und dass ihre Angst zunehmend abnimmt.
Das Prinzip der Behandlung ist bei allen Typen von Phobien das selbe, je nach körperlichem Angstmuster werden ergänzend zur Konfrontation Verfahren der Entspannung oder der Anspannung mit den Betroffenen angewandt.Ereignissen und Situationen nun auch die Angst vor der Angst hinzu, die Angst vor erneutem Erleben von Hilflosigkeit, Schmerz und Ohnmacht. Es entwickeln sich Teufelskreise, die Angst und die Belastung durch die Angststörung werden immer grösser. Dass von einer Angststörung Betroffene meist versuchen, die für sie bedrohlichen Situationen zu vermeiden, ist verständlich. Kurzfristig verschafft diese Strategie eine gewisse Erleichterung von der Angst. Mittel- und längerfristig jedoch wird so die Angst weiter am Leben erhalten: Vermeidung gefürchteter Situationen verhindert, dass Betroffene überprüfen können, ob ihre Befürchtungen der Realität angemessen sind. Sie können auch nicht die Erfahrung am eigenen Leib erleben, dass die Angstreaktion nicht unendlich grösser wird, sondern dass Angst zwar zunächst ansteigt, dann jedoch in ihrem Verlauf allmählich abnimmt.

 
©B. Meier Zürich 2006 / 2018